Montag, 14. Februar 2011

Ein Fahrlehrer plaudert aus dem Verbandskästchen

DIESER BEITRAG STAMMT VON ALEX KAHL's "DER PROBEFAHRER.DE"

Andreas wies mich letztens auf einen kleinen Rechtschreibfehler auf dem Blog hin, nachdem er durch Sandmanns und meine Berichte zum CLS 63 AMG auf den Probefahrer aufmerksam wurde. Wir schrieben uns so hin und her und ich verhaftete ihn gleich für ein kleines Interview. Ein kleines Interview ist für die monumenalen aber hochinteressanten Antworten noch untertrieben, die Andreas, der bei Sandmann hin und wieder als El Gigante bloggt, mir gegeben hat.

Lest einfach selbst und lasst Euch ein bisschen an die gute, alte Fahrschulzeit erinnern ;) Andreas klingt auf jeden Fall ähnlich lässig wie mein
Fahrlehrer Norbert in Bielefeld damals.
Los geht’s!


Hi Andreas, stell Dich doch den Probefahrer Lesern kurz vor. Was machst Du neben dem Fahrlehren v.a. online so?

Mein Name ist Andreas Kernke. Ich bin 49 Jahre alt und verheiratet. Ich wohne in Drebber, einem absolut ländlichen 3000-Seelen-Ort in Niedersachsen, ziemlich mittig zwischen Bremen und Osnabrück.

Ich – online: Neben meinem Beruf als angestellter Fahrlehrer bin ich viel im Internet unterwegs. Das hängt unter anderem auch damit zusammen, dass ich vorher Internetentwickler gelernt habe und als solcher selbstständig war. Ich betreue noch heute die Internetseiten einiger damaliger Kunden und Freunde.

Des weiteren bin ich Webmaster des
1. internationalen K70-Clubs (www.k70-club.de).

Außerdem lud mich Sandmanns-Welt-Blogger Jens Tanz ein, auf seiner Seite meine eigenen Texte zu veröffentlichen – was ich gern annahm und inzwischen ausgiebig praktiziere.

Andere Online-Aktivitäten: Ich bin bekennender eBayer… (Anm. Alex: Ich habe 2 Minuten gebraucht um zu kapieren, dass es um ebay und nicht um elektro Bayern geht *g*) was habe ich da schon alles vertickt und erstanden. Auch in Facebook treibe ich mich oft herum – dort halte ich u.a. gern Kontakt zu vielen meiner Fahrschüler und Exfahrschüler.

Übrigens: meine Erfahrungen mit dem Internet sind sehr diametral. Auf außereheliche Beziehungen meiner ersten Ehefrau bin ich damals durch ihre Beiträge in einem Interneterotik-Forum gestoßen. Aber meine jetzige Herzdame habe ich auch durch das Internet gefunden. Internet nimmt – und Internet gibt :-). DAS ist ausgleichende Gerechtigkeit, oder?

Wie wird man eigentlich Fahrlehrer? Ok – zweigeteilte Frage: Wie kommt man dazu, Fahrlehrer zu werden und wie sieht dann die eigentliche Ausbildung aus?

In meinem Fall kann ich mich nicht kurz fassen. Es hängen Geschichten daran. Man versteht meine Wege nur, wenn man die Hintergründe kennt.

Wie eben schon erwähnt, war ich damals als Internetentwickler selbstständig und arbeitete in einer Bürogemeinschaft – einer echt praktischen Symbiose, in der jeder dem anderen zuarbeitete und alle voneinander profitierten. Einem dieser Partner gehörte auch der Bungalow, in dessen ausgebautem Keller sich unsere Büros befanden. Doch eines Tages brach unsere produktive Arbeitskommune auseinander, weil seine Gemahlin ihr Glück anderweitig fand. Duplizität der Ereignisse: auch ich trennte mich damals gerade von meiner Frau (s.o.). Der Bungalow mit den Kellerbüros wurde verkauft, die wichtigsten Synergien gingen verloren. Ich gab meine Selbstständigkeit auf. Es folgte ein monatelanger Bewerbungsmarathon mit weit über 150 Bewerbungen, ohne nennenswerte Erfolge. Eines Tages fragte mich ein Bekannter am Telefon, wie es mir denn so ginge. Ehrlich erzählte ich ihm die düstere Wahrheit, worauf er ziemlich bewegt feststellte, dass es mein Schicksal wohl gerade nicht gut mit mir meinte. Seine Frage „sag mal, wieso machst du eigentlich nicht, was ich gemacht habe?“ ließ mich nachdenklich werden. Ich wusste, dass er zwei Jahre zuvor eine Fahrlehrerausbildung absolviert hatte.

Die nächsten Tage ließ ich mir diese Möglichkeit durch den Kopf gehen. Eigentlich hatte ich schon oft mal darüber nachgedacht, Fahrlehrer zu werden. Doch irgendwie war ich immer wieder davon abgekommen. Ich recherchierte im Internet und fand heraus, dass Fahrlehrer gesucht werden. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass der bisher entscheidendste Fahrlehrer-Ausbilder, die Bundeswehr, im Zuge von Einsparungsmaßnahmen kaum noch Fahrlehrer ausbildet. Diese Tatsache erleichterte mir die Entscheidung. Allerdings fehlten mir zwei Führerscheine. Ich musste noch den Motorrad- und den LKW-Führerschein machen.

Jetzt zum Werdegang eines Fahrlehrers, das gilt natürlich auch für die Fahrlehrerin (ich erspare mir hier die jeweils weiblichen Bezeichnungen): ein Anwärter muss natürlich bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Er muss mindestens 22 Jahre und geistig, körperlich und fachlich geeignet sein. Mindestens die abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Lehrberuf nach abgeschlossener Hauptschulbildung oder einer gleichwertigen Vorbildung ist vorgeschrieben. Der Aspirant muss wenigstens die Fahrerlaubnis der Klasse A (Motorrad), BE (PKW + Anhänger) und CE (LKW + Anhänger) besitzen; eine Fahrerlaubnis auf Probe reicht nicht aus. Natürlich sollte er über eine ausreichende Fahrpraxis auf Kraftfahrzeugen der Klassen verfügen, für die die Fahrlehrererlaubnis erteilt werden soll.

Für die Fahrlehrer-Ausbildung gibt es ein vorgeschriebenes Minimum an Ausbildungszeit. Die ersten fünf Monate der Ausbildung verbringt man in einer Fahrlehrer-Fachschule und erhält Unterricht in den Fachbereichen Recht, Fahrzeugtechnik, Pädagogik und Methodik. Ausserdem erhält jeder Teilnehmer nochmal Fahrstunden und muss anschließend eine fahrpraktische Prüfung bestehen (Vorbild Fahrlehrer!). Nach diesen fünf Monaten legt man eine schriftliche Prüfung ab. Meine dauerte damals fünf Stunden und umfasste letztendlich ca. 80 DIN-A4-Seiten. Eine halbstündige mündliche Prüfung vor einem Prüfungskomitee schließt diesen theoretischen Teil der Ausbildung ab.

Man erhält seinen vorläufigen Fahrlehrerschein.


Danach hat man viereinhalb Monate Praxis in einer Ausbildungsfahrschule zu absolvieren. Hier beobachtet man zunächst seinen Ausbildungsfahrlehrer bei der Arbeit, wechselt dann selbst (endlich) in die Rolle des Fahrlehrers und bekommt seine ersten eigenen Fahrschüler. Auch theoretischer Unterricht wird erlernt und geübt. Über alle Tätigkeiten muss eine umfassende Dokumentation (Berichtsheft) erstellt und anschließend an die Prüfungskommission übermittelt werden. Nach dieser Zeit gibt man eine praktische und theoretische Lehrprobe ab. Besteht man diese Prüfungen, ist man staatlich geprüfter Fahrlehrer.

Ich habe in meinem Leben viel Zeit auf Schulbanken zugebracht, habe studiert, zwei Ausbildungen absolviert – aber die Ausbildung zum Fahrlehrer war das Härteste, was ich diesbezüglich erlebt habe. Ich bestand zur eigenen Verwunderung alles beim ersten Mal und bin noch immer stolz auf das Ergebnis.

Du bist ja relativ spät dazu gekommen, die Fahrlehrer-Ausbildung zu machen. Ist das Dein Traumberuf?

Hm – über die Frage muss ich erstmal nachdenken. Je älter ich werde, desto häufiger irritiert mich das Wort „Traumberuf“. Mein Vater sagt immer „Wer Arbeit kennt und danach rennt und sich nicht drückt, der ist verrückt!“ und da will ich ihm ausnahmsweise mal Recht geben. Ich sage immer: „ich lebe nicht um zu arbeiten, sondern ich arbeite um zu leben“. Doch mir ist klar, dass ich deine Frage damit noch nicht ausreichend beantwortet habe. Weißt du, ich habe in meinem beruflichen Leben schon eine unglaubliche Flexibilität bewiesen. Ich arbeitete bereits auf einem Bohrturm, fuhr LKW für eine Spedition, lagerte Chipstüten ein, fütterte Spinnmaschinen in einem Wollwerk mit Rohwolle, arbeitete im Gartenbau, bearbeitete in einer großen KFZ-Zulieferfirma Kugelzapfen für PKW-Lenkungen, baute Heckflügel für 3-er BMW, stellte als Müller Tierfutter her, war Krankenpfleger, besuchte im Außendienst Autowerkstätten und Industrieunternehmen, verkaufte Versicherungen im einen und Werbung auf Rückseiten von Brötchentüten im anderen Fall, entwarf Werbeanzeigen, fuhr Taxi, habe eine fast 25-jährige, sehr erfolgreiche Karriere als selbstständiger Discjockey hinter mir, habe sechs Semester Sozialpädagogik studiert, Industriekaufmann und Internetentwickler gelernt, neuerdings bin ich sogar Autor – habe also ein Buch geschrieben… und nun fragst du mich nach meinem Traumberuf …lach…

Eines weiß ich heute aber ganz genau: ich stehe morgens für keinen Job der Welt mehr auf, zu dem ich mit der Peitsche getrieben werden muss. Auch wenn er noch so gut bezahlt würde. Inzwischen ist es mir viel wichtiger einen Beruf auszuüben, der mir wirklich großen Spaß macht und der mich abends zufrieden einschlafen lässt. Mir ist klar, dass ich als Fahrlehrer nicht Millionär werden kann. Ich verdiene damit Geld – das reicht mir.

Der Umgang mit zumeist jungen Menschen, ein bisschen Technik, den komplett selbst bestimmten und gestalteten Arbeitszeiten und Tagesabläufen, sowie das ständige „auf-Achse-sein“ sind nicht Jedermanns Sache – ich habe verdammt viele andere Arbeitsplätze kennengelernt und nun beschlossen, dass ich irgendwann als beliebter Fahrlehrer in Ruhestand gehen möchte (… und da kannst du meine Fahrschüler fragen: beliebt bin ich schon jetzt!… stolz sei…).

Ich frage mich ja, ob ich heute noch durch die Prüfung käme. Hat sich viel in den letzten 19 Jahren verändert?

Na ja, ich weiß natürlich nicht, wie du Auto fährst – da müssten wir mal ‘ne Runde drehen – dann könnte ich dir sicher dazu etwas sagen. Hin und wieder überrasche ich Bekannte und Verwandte mal mit ein paar Prüfungsbögen – da kommen meist ziemlich verheerende Ergebnisse raus!

Manchmal wollen die Eltern oder Großeltern meiner Fahrschüler vor ihren Kindern oder Enkeln angeben – oder sie meckern über die vielen zu absolvierenden Fahrstunden. Dann erzählen sie großspurig, dass sie „damals“ nur fünf Fahrstunden hatten und der Führerschein bloß 250,- DM – oder noch weniger – kostete. Ich grinse dann meistens und behaupte einfach frech, dass man diese „nur“ fünf Stunden wohl auch merkt! Nee, Spaß beiseite:

die Fragebögen haben sich in Inhalt und Umfang seit 1992 wenig verändert. Aber das Fahren an sich ist anspruchsvoller geworden. 
Die Fahrzeugdichte hat sich fast verdoppelt. Außerdem haben die Fahrzeuge eine ganz andere Güte. Hatte damals der Durchnittswagen noch um die 100 PS, leisten heutige Otto-Normalverbraucher-Fahrzeuge bereits fast 130 PS, Tendenz ständig steigend. Auch dass man heute leichter an Geld kommt, weil Banken neue Kreditmodelle und -kunden gefunden haben, verändert den Straßenverkehr. Ich habe selbst Fahranfänger erlebt, die nicht mit ‘nem 60 PS-Polo anfangen wollen, sondern gleich mit einem 3-er-BMW mit 150 PS einsteigen. Und das Problem Alkohol und Drogen betrifft auch immer jüngere Menschen. DAS sind meiner Meinung nach Faktoren, die eine Ausbildung zum Autofahrer verändern und auch Einfluss auf die Führerscheinprüfungen haben.

Und vor allen Dingen, was kostet so ein “Lappen” heutzutage durchschnittlich?

Zur Zeit zahlen meine Fahrschüler der Fahrerlaubnisklasse B durchschnittlich knapp über 1.500,- Euro für ihren Führerschein.

Hast Du Erfahrungswerte von Leuten die Mitte 30 sind und nochmal bei Dir den Schulsitz gedrückt haben?

Ja – das sind häufig entweder Leute, die schon mal einen Führerschein besaßen und ihn durch Alkohol oder Drogen am Steuer oder z.B. immer wiederkehrende Geschwindigkeitsübertretungen „verloren“ haben. Oder es sind Menschen mit Migrationshintergrund, die hier endlich am Wohlstand durch eigene Mobilität teilhaben wollen. Diese Altersgruppe unterscheidet sich natürlich vom durchschnittlichen Fahrschüler durch die schon gemachte eigene (Lebens)Erfahrung und eine meistens deutlich gehobene Klasse der Vernunft. Ich habe sie meistens sehr zielorientiert, oftmals sehr effektiv und manchmal verbissen motiviert und kämpferisch kennengelernt.

Muss man heutzutage eigentlich noch zum Theorieunterricht kommen und auf Fragebögen mit der lustigen Pappschablone rumfuhrwerken? Theorie lernen geht doch bestimmt schon online oder?

Teil 1: ja, nach §4 der Fahrschüler-Ausbildungsordnung ist man dazu sogar verpflichtet! Und zwar 12 Doppelstunden für einen allgemeinen Teil (Straßenverkehrsregeln, Verhalten, Moral, etc.) und 2 Doppelstunden für den klassenspezifischen Teil (Fahrzeugbezogen). Die Teilnahme wird per Unterschrift auf einer Anwesenheitsliste protokolliert und von der Fahrschule vor der theoretischen Prüfung bescheinigt. 
Aber – was Viele NICHT WISSEN: Auf „Fragebögen mit der lustigen Pappschablone rumfuhrwerken“ ist im theoretischen Unterricht NICHT ERLAUBT! Das muss man zu Hause machen!

Dazu ein Auszug aus der 
Fahrschüler-Ausbildungsordnung (FahrschAusbO):
Der theoretische Unterricht hat sich an den im Rahmenplan aufgeführten Inhalten zu orientieren und ist systematisch nach Lektionen aufzubauen. Der Unterricht soll methodisch vielfältig sein. Die Unterrichtsmedien sollen zielgerichtet ausgewählt und eingesetzt werden. Die Ausbildung setzt das selbstständige Lernen durch die Fahrschüler voraus. Zur Ergebnissicherung sind Lernkontrollen einzusetzen. 

Teil 2: Theorie online. Natürlich kann man im Internet üben. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten. Bei uns wird seit Neuestem zum Beispiel ein System eingesetzt, bei dem sich der Fahrschüler zu Hause online anmeldet, dort übt und die Lernfortschritte vom Fahrlehrer überwacht und begleitet werden können. Das ersetzt aber, wie gesagt, nicht den Gang zum Unterricht in der Fahrschule. Da die theoretischen Prüfungen ja neuerdings eh alle am PC beim TÜV absolviert werden müssen, finde ich diese Art des Lernens optimal.


Was war das Abgefahrenste, was Dir in Deiner Fahrlehrer-Karriere so passiert ist?

Als Abgefahren empfinde ich immer Fahrschüler, für die selbst das stehende Auto schon ein Monster zu sein scheint. Die so richtig ÜBERHAUPT keine Ahnung und eigentlich auch ÜBERHAUPT keinen Zugang zu dieser Materie haben. Für die ein Fahrrad oder eine Schubkarre schon hochtechnische Hightec-Erfindungen sind. Aber Auto fahren wollen sie – unbedingt!

Vor einiger Zeit hatte ich eine schon etwas ältere ausländische Fahrschülerin. Sie brauchte fast 20 Fahrstunden dafür, das Fahrzeug endlich gerade auf der Straße zu halten. In den ersten Fahrstunden fuhren wir ausschließlich im Zickzack-Kurs vom rechten auf den linken und wieder auf den rechten Bürgersteig. Wohlgemerkt lenkte sie nur! Die Bedienung der Pedalen war mein Part! Die Fahrstunden waren Horror – die Fortschritte ähnelten Rock’n Roll: ein Schritt vor und Zwei zurück! Ein paar Monate später landeten wir bei Glatteis auch in einem Zaun…

Sie gehört übrigens seit neulich nach fast einem Jahr mit 240 Fahrstunden zu fast 54 Millionen Autofahrern Deutschlands. Ich muss allerdings zugeben, dass ich sie auch aufgrund extremer Verständigungsprobleme bei 120 Stunden an drei Kollegen, die sie dann in gemeinsamen Bemühungen prüfungstauglich machten, abgegeben habe.

Hammer war auch eine sehr zierliche Fahrschülerin, die mit ihrem Wissen über -, ihrer Einstellung zum – und ihren Fähigkeiten mit dem Auto brillierte. Bei ihr lief alles traumhaft geschmeidig und man merkte deutlich, dass ihr die Fahrstunden einen unglaublichen Spaß machten. So verwunderte mich auch nicht, dass sie alle Grundfahraufgeben perfekt aus dem Ärmel schüttelte. Als wir dann zu den Sonderfahrten auf die Autobahn aufbrachen, bekam sie glänzende Augen und bretterte mit Höchstgeschwindigkeit über „die Bahn“. Anschließend schwärmte die kleine Rennfahrerin, dass sie sich wahnsinnig darauf gefreut hatte und wirklich gern schnell fuhr.

Kurz vor der Prüfung gehe ich mit meinen Fahrschülern immer die sogenannte Abfahrkontrolle durch. Dabei zeige ich u.a. normalerweise die wichtigsten Betriebsstoffe wie Öl, Kühlwasser, Scheibenwaschwasser, Bremsflüssigkeit etc. Diesmal konnte ich mir das sparen – ich bekam einen überaus fachkundigen Vortrag, den ich voller Respekt bei meinen abgefahrensten Erlebnissen als Fahrlehrer abgespeichert habe.

Du hast ja, wie man auf Deiner Seite sehen kann schon so einiges an Autos gehabt. Für jemanden, der vom Autofahren lebt: was ist Dein absolutes Traumauto?

Auch hier kollidiere ich wieder mit dem Begriff „Traumauto“. Ich klemme bei solchen Begriffen immer zwischen Himmel und Hölle. Mit abgeschalteter Ratio (… nicht mit aussem Radio!) träume ich vom Audi R8 oder wenigstens einem Audi Cabrio. Etwas visionärer dürfte es aber auch ein Audi e-tron Spyder sein. Du merkst – ich bin Audi-affin.

Mein persönliches Paralelluniversum sind VANs. Mein erstes Auto war ein VW T2-Bus, dann besaß ich einen T3, später einen T4. Sollte der Micro-Bus kommen, könnte es sein, dass ich mir vielleicht solch einen Traum erfülle.

Meistens ist die Ratio aber „on“ und ich befinde mich in meinem Audi A2. Er gefällt mir, weil er vernünftig, in gewisser Weise stylisch und innovativ ist. Ich denke, dass er schon vor zehn Jahren so war, wie Autos jetzt sein sollten… vor allem sparsam. Fehlende Sparsamkeit ist im übrigen der häufigste Grund, warum meine Autoträume wie eine Seifenblase zerplatzen.

Ich hab mir in meiner 2. Fahrstunde ja eine Zigarette von meinem Fahrlehrer geschlaucht. Seinen Protest “Du kannst doch nicht während der Fahrstunde rauchen!” konnte ich mit “ich muss doch das Rauchen beim Fahren auch lernen!” entkräften. Hat Sinn für ihn gemacht. Kommen die Kiddies heute ins Auto und wollen SMS-schreiben und Facebook-Checken während der Fahrt lernen?

Thema Rauchen:
Da das Rauchen im Fahrschulbereich gesetzlich untersagt ist – und ich außerdem militanter Nichtraucher bin – haben Fluppen bei mir keine Chance. Über solche Grundsätzlichkeiten wird bei mir auch nicht diskutiert! Ich bin der Chef im Wagen und ich sage, was geht und was nicht geht. Wem das nicht passt, der fährt nicht mit mir. So einfach ist das.

Thema Handy:
Nee, das wird den Fahrschülern schon in der Theorie beigebogen! Bei uns müssen sogar in der Theorie Handys aus sein. Es gibt aber auch im Fahrschulauto keinen Fahrschüler, der auch nur versucht, während der Fahrt zu telefonieren, SMS zu schreiben oder Facebook zu checken. Diesbezüglich sind sie erstaunlich vernünftig!

Facebook, Twitter Blogs und Co: Ist das auch was für Fahrschulen? Zur Organisation vom Unterricht, um Fragen online zu beantworten, um die Fahrschüler an Dich zu binden oder Dich weiter empfehlen zu lassen?

Ich bin zwar noch nicht mal ein Jahr bei Facebook, aber ich kann eine Menge Positives aus dieser Richtung berichten. Ich kommuniziere viel mit meinen Fahrschülern über diese Plattform. Auch Terminabsprachen oder -absagen finden oftmals hier statt. Außerdem gebe ich interessierten Fahrschülern Einblicke in mein Leben – das erleichtert das Miteinander etwas. Es ist doch immer angenehmer, wenn man mit seinen Schülern auf Blickhöhe ist. Ein Fahrlehrer muss zwar autoritär sein, aber ich versuche das nicht so hervor zu heben. Ich binde meine Fahrschüler durch Freundlichkeit und Nähe.
Übrigens bin ich für viele Fahrschüler nicht nur der Fahrlehrer. Oft bin ich gleichzeitig Lebensberater, Psychologe, Therapeut, Arbeitsberater, Dr. Sommer, Vaterersatz etc. Die Youngster haben ein vertrauensvolles Verhältnis zu mir – auch ein Grund, warum ich meinen Job liebe!



Setzt Du bsw. YouTube Videos im Theorieunterricht ein? Mittlerweile findet man ja v.a. viele Beispiele auf YouTube wie man es besser nicht machen sollte. Sogar von ein paar Verrückten aus Bielefeld:

Oder aus Indien:



Ja, natürlich! Obwohl ich manchmal befürchte, dass manche verfilmte Tat eher zum Nachmachen anregt… die meisten erkennen aber, worum es geht!

Klar – um die Stimmung mal etwas aufzulockern…war das nicht grad ein Video vom Ostwestfalendamm in Bielefeld? :-)

Anm. Alex: Fast. Das ist die Gürtersloherstraße stadteinwärts. Am real vorbei und die Brücke, die Du siehst ist der Ostwestfalendamm

Die Frage klingt jetzt vielleicht blöd, aber kamen schon Leute zu Dir, die sich die Technik Ihres Autos oder Navis von Dir erklären lassen wollten? Grade das Fahren mit Navi könnte ja für manche Menschen gewöhnungsbedürftig sein.

Nein, das habe ich noch nicht erlebt. Das kann aber auch damit zusammenhängen, dass ICH ihnen das Fahrschulauto sehr genau erkläre. Dazu nehme ich mir locker eine ganze Stunde Zeit. Außerdem gebe ich all meinen Fahrschülern eine kleine selbsterstellte Broschüre an die Hand. Das Heftchen heißt „Was ich unbedingt über mein Fahrschulauto wissen sollte“. Das „Studium“ dieser Lektüre und die Erklärungen am Fahrzeug bringen die Schüler eigentlich auf einen guten Wissensstand. Ich empfehle zusätzlich immer, bei Wartung und Reparatur dabei zu bleiben und Fragen zu stellen, auch möglichst mit anzufassen. Dadurch lernt man ‘ne Menge über sein Auto.

Ein Navi habe ich auch im Fahrschulwagen. Kurz vor der Prüfung lasse ich meine Schüler mal danach fahren – das klappt meistens problemlos.

Übrigens: „Technik des Autos“ oder „das Navi“ erklären. Jeder Mixer oder Fön, jeder Fernseher oder Rasierapparat verfügt über eine Bedienungsanleitung. Die Dinger sind – entgegen der weitverbreiteten Meinung – nicht ausschließlich zum Füllen einer Altpapiertonne geeignet. Lesen bildet! Das kriegen auch meine Fahrschüler zu hören!

Hast Du Angst in 25 Jahren könnten Fahrlehrer überflüssig sein, weil die Autos von alleine fahren?

Meinst du, dass Autos allein fahren werden? Nein, ich glaube das nicht. Der Mensch wird beim Autofahren unterstützt durch Technik, nicht ersetzt! Er wird es leichter haben. Ich werde sicher noch erleben, dass meine Fahrschüler auf elektrobetriebenen Fahrzeugen Fahren lernen werden. Dann ist es vorbei mit „laaaaaaangsam die Kupplung kommen lassen… und ein bisschen Gas dazu…!“ Auch das Grauen vorm Parken wird uns ja schon langsam durch intelligente Parkassist-Systeme genommen.

Und selbst, wenn Mobilität in Zukunft durch künstliche Intelligenz gesteuert wird – der Fahrer muss doch in der Lage sein, auch bei Ausfall dieses Assistenzsystems ans Ziel zu kommen. Airbusse könnten auch automatisch starten, fliegen und landen. Und doch sind Piloten und Copiloten ausgebildeter denn je.

Ich habe keine Angst um unseren Beruf.

Können Simulatoren erste Fahrtstunden ersetzen? Tun sie bei Piloten ja auch. Ich schrieb hier ja letztens einen Artikel über Fahrsimulatoren im Vergleich zu Flugsimulatoren.

Ich glaube, dass Simulatoren die Ausbildung unterstützen können. Die wartenden Erfahrungen außerhalb der imaginären Welt bleiben und müssen gemacht werden. Ein Simulator IST bei aller Detailtreue NICHT die Reality. UND er ist teuer… ob sich sein Einsatz daher wirklich lohnt, wage ich zu bezweifeln.

Was ist für Deinen Job die interessanteste Zukunftsentwicklung? Neue Antriebe wie Elektroautos oder Brennstoffzelle? Oder neue Bedienkonzepte im Auto?

Neue Antriebstechnologien und Bedienkonzepte sind zwar sehr wichtig. Doch wir dürfen uns nicht hinter all der Technik verstecken. Ein Neuling ist damit zunächst auch vollkommen überfordert. Ich Fahrlehrer begleite leitend die ersten Schritte eines jungen Autofahrers in sein mobiles Leben. Häufig bedeutet dieser Schritt viel mehr, als nur „ich kann jetzt Auto fahren!“ Der Führerschein ist meistens das Tor zur Erwachsenenwelt, hat unglaublich viel mit Image, Selbstbewusstsein, eigener Interaktionsfähigkeit zu tun und ist daher mit sehr viel tiefer Emotion verbunden. In diese neue Welt der Mobilität durch ein Kraftfahrzeug möchte ich meine Fahrschüler durch die Vermittlung meiner eigenen wertvollen und reichhaltigen Erfahrungen und Fähigkeiten einweisen. Mir liegt dabei sehr am Herzen, dass sie später Spaß am Fahren haben, sicher und verantwortungsbewusst unterwegs und interessiert am Straßenverkehr und der zukünftigen Technik sind. Doch im Mittelpunkt meiner Arbeit bleibt auch in Zukunft der Fahrschüler.

Die interessanteste Entwicklung wird für mich dennoch natürlich das Antriebskonzept der Zukunft sein. Ohne ein vernünftiges System wäre unsere Mobilität am Ende – ohne Antrieb keine Fahrschule, kein Fahrlehrer mehr. Ich bin mir auch sicher, dass wir schon viel weiter sein könnten… wenn da nicht der Mann mit den Ölvorkommen und der Zapfpistole wäre – die momentanen Treibstoffpreise erzählen leider genau diese Geschichte.



Wow. Das war mal unterhaltsam, ausführlich und verdammt interessant! Danke schön Andreas!

Wenn Ihr mal ne Fahrschule bei Andreas machen wollt :-) meldet Euch bei
Christians-Fahrschul-Team.de/

Und wenn Ihr mehr von Andreas lesen und hören wollt (er macht auch Musik!) dann schaut auf seiner
Homepage oder bei Sandmanns Welt vorbei!

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